Herr Spahn,

sie sind Gesundheitsminister und damit für das Gesundheitssystem verantwortlich. Zum Gesundheitssystem gehören auch die Auszubildenden in pflegerischen Berufen. Nur so als Information, falls Sie es noch nicht mitbekommen haben sollten.

  • Ist Ihnen klar, dass viele Schüler zum Pflegefachhelfer KEINE Ausbildungsvergütung bekommen?
  • Ist Ihnen klar, dass sehr viele angehende Heilerziehungspfleger ebenfalls KEINE Ausbildungsvergütung bekommen?
  • Ist Ihnen klar, dass sich die Ausbildungsverträge nicht nach dem SARS-CoV-2 richten?
  • Ist Ihnen klar, dass die dreijährigen Ausbildungen Bewerbungsfristen haben, auch für Pflegefachhelfer?
  • Ist Ihnen klar, dass Examensschüler zurzeit nicht nur unter einer extremen Belastung und schwierigen Arbeitsbedingungen leiden, sondern erhebliche finanzielle Verluste bei Verschiebung der Examen hinnehmen müssen?
  • Ist Ihnen klar, dass reguläre praktische Prüfungen derzeit NICHT durchgeführt werden können, weil die Prüfer nicht in die Einrichtungen kommen können?
  • Ist Ihnen klar, dass die Schüler in der Pflege derart beansprucht sind, dass sie gar keine Chance haben, Prüfungsstoff zu pauken?
  • Ist Ihnen klar, dass in den Pflegeschulen seit Wochen der Unterricht ausfällt, für die meisten Pflegeschulen digitaler Unterricht ein Fremdwort ist und keine gezielte Prüfungsvorbereitung stattfindet, somit faire Prüfungen nicht gegeben sind?
  • Ist Ihnen wirklich klar, wie der Pflegenachwuchs – dringend benötigt – gerade behandelt wird?

Ich will Antworten und zwar schnell, bevor eine ganze Generation Pflegenachwuchs in die Wüste geschickt wird. Die Prüfungen müssen ausgesetzt, Abschlüsse an Hand der Vornoten errechnet werden. Die Vornoten fallen nicht vom Himmel, wurden von den Schülern erarbeitet. (Nein – das Abitur ist nicht vergleichbar mit der Pflegeausbildung – das sind völlig unterschiedliche Bedingungen.) Für diejenigen, die ihre Examensnote durch Prüfungen verbessern wollen, muss nach der Corona-Krise die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung und Prüfungstermine angeboten werden – auf Staatskosten.

Die Petition http://chng.it/XFjmhjXM wurde nicht grundlos ins Leben gerufen. Herr Spahn, beziehen Sie endlich einmal Stellung. Dazu sind Sie als Gesundheitsminister fachlich und menschlich verpflichtet. Es ist schlimm genug, dass Pflegeschüler keine Lobby haben. Dass aber auch der Gesundheitsminister bis jetzt schweigt und sich nicht verhält, ist nur peinlich. Dringend benötigtes Pflegepersonal im Ausland abwerben wollen und gleichzeitig den eigenen Nachwuchs hängen lassen ist ein Skandal.

H. Dreyling-Riesop (Lehrkraft für Pflegeberufe)

 

Nachtrag:

Frau Karliczek,

dass das Bildungsministerium sich genauso bedeckt hält wie das Gesundheitsministerium, ist das i-Tüpfelchen. Anscheinend interessiert die Bildungsministerin sich nur für das Abitur - so paar angehende Pflegekräfte scheinen egal zu sein. Sonst hätte man sich ja mal Gedanken zu dieser Personengruppe gemacht und nach vertretbaren Lösungen gesucht. Ach ja - war keine Zeit - man musste sich um die Abiprüfungen kümmern. Schließlich ist ja ein Abitur in der Versorgung von Alten, Kranken, Behinderten "systemrelevant" - an die „Fuzzis“ in der Pflege braucht man keinen Gedanken verschwenden. Genau so kommt das bei uns an. Und genau aus diesem Grunde wecken Danksagungen, Applaus und "systemrelevant" bei vielen Pflegekräften Aggressionen.

H. Dreyling-Riesop (Lehrkraft für Pflegeberufe)

Eigene Webseite von Beepworld
 
Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der
Autor dieser Homepage, kontaktierbar über dieses Formular!